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Mittwoch, 28. März 2007
BEWERBUNGS-HIGHLIGHTS: SPANIEN SIEGT
angela gabriela, 14:12h
Highlights bei Bewerbungen sind Anrufe und e-mails mit Einladung zum Vorstellungsgespräch. Ab dem 40. Lebensjahr vergisst und verlernt man in Deutschland, was und wie das ist.
In Torrevieja und Umgebung erhielt ich innnerhalb von fünf Monaten, trotz mittlerweile noch fortgeschritteneren Alters, mehr Einladungen, als fünf Jahre zuvor in Deutschland, während zwei Jahren mühsamer und kostspieliger Bewerbungsarbeit. Allerdings gestalteten sich die Gespräche wie folgt:
Oktober 2006
In der "agencía de desarollo local" hing ein interessantes Jobangebot in Torrevieja, also ökologisch und bequem per Fahrrad erreichbar. Das Tanatorio suchte recepcionista mit Englisch-Kenntnissen. Beim vereinbarten Termin zum Vorstellungsgespräch liess der Chef sich entschuldigen und ich sollte meine Bewerbungsmappe seinem Stellvertreter übergeben. Sie würden sich bei mir melden. Fünf Tage später schaute ich wieder dort vorbei und die Stelle war bereits durch eine Spanierin besetzt worden. Schade! Wäre eine Arbeit gewesen, wo man sein Einfühlungsvermögen sinnvoller hätte einsetzen können, als für den Verkauf von hässlichen und völlig überteuerten Immobilien.
November 2006
Einladung zum Vorstellungsgespräch bei einem Bauunternehmer mit Maklerbüro um 17:00 Uhr. Sowieso und als Deutsche erst recht, war ich pünktlich. Mit mir warteten zwei weitere Menschen im arbeitsfähigen Alter im Foyer. Die Sekretärin sagte mir, dass der Chef noch nicht da sei und ich noch für ca. 30 Minuten spazieren gehen solle. Nach einer halben Stunde war der Chef immer noch nicht erschienen und es warteten fünf Bewerber/innen. Eine Dame mit stark russischem Akzent sah aus, als wenn sie gerade aus einer Diskothek kam, eine andere, als wenn sie gleich in Gorleben marschieren wollte. Die drei Männer schienen Techniker zu sein. Die Sekretärin klönte ungerührt mit ihrer anwesenden Freundin. Nach ca. 20 Minuten ein Telefonanruf. Danach erhielten wir die Nachricht, dass der Chef um 18:45 Uhr erscheinen werde. Nach und nach leerte sich das Foyer und ich sass mit zwei ebenso geduldigen Männern, weiterhin der anmassenden Situation grübelnd, im Empfang eines 30 Jahre ansässigen Bauunternehmers. Um 18:55 Uhr ging auch ich als Vorvorletzte. Kein Wunder, dass die jede Woche inserieren. Dass allerding im Jahre 2004 ein Bauunternehmer in Torrevieja tagsüber auf offener Strasse erschossen wurde, hat sicher ganz andere Gründe.
Dezember 2006
Anruf eines (s)panischen Anwalts- und Steuerbüro. Ich solle neue deutsche und englische Kunden fischen. Auf die Frage, wie er sich das vorstelle, kam nur: "¿Wieso? Sie schreiben doch in ihrem CV, dass sie creativ seien! Lassen sie sich was einfallen." Nachfrage, ob es ein Budget gebe oder ob ich in Kneipen Engländer, Skandinavier und Deutsche ansprechen solle oder ob auch Anzeigengestaltung und -schaltung vorgesehen sei...."Geld kosten soll das nicht". Que broma pesada! Immerhin war die anschliessende Diskussion gut. Mein Spanisch ist komischerweise immer besonders flüssig und grammatikalisch einwandfrei, wenn ich mich aufrege oder ärgere. Von Vertrag oder alta en la SS war keine Rede mehr.
Januar 2007
Anruf eines Immobilien Maklers auf meine Anzeige im Torreguia. Nächste Woche käme der Chef aus Madrid und er würde mich dann zwecks Vorstellungstermin wieder anrufen. Bis heute habe ich nichts mehr gehört.
Januar 2007
Wow! Das Deutsche Honorarkonsulat in Alicante bekommt für zwei Monate einen hauptberuflichen Konsularbeamten! Wo ich doch schon seit August 2006 vergeblich versuche, da mal jemanden ans Telefon zu bekommen! Da bewerbe ich mich doch gleich als Telefonistin. In der Zeitung stand, dass Ende Februar beim Auswärtigen Amt in Berlin entschieden werde, ob er in Alicante bleibt. Alicante! Balsam für meine durch hässliche Neubauten gefolterten Augen! Alicante, mit wunderschönem Altstadtkern und vor allem: mit Spaniern!
Die Idee, so schien mir, kam auch beim sympathischen Konsul an. Ganz nach deutscher Gründlichkeit hinterliess ich vollständige Bewerbungsmappe mit Zeugniskopien und Arbeitsproben. Am 1. März wusste er allerdings immer noch nicht, ob er bleiben kann, oder nicht. Auch am 22. März konnte man mir dort immer noch nicht sagen, wie es weitergehen wird. Mittlerweile war der Konsul schon wieder in Deutschland. Bis heute konnte ich weder der Zeitung noch der Website des AA entnehmen, ob Alicante nun weiter verwaist als Honorarkonsulat vor sich hin dümpelt, besetzt wird oder gar ganz aufgegeben.
Februar 2007
E-Mail einer Spanierin, die im Nachbarort eine Sprachschule aufgemacht hat. Sie braucht mich, um spanischen Schülern Englisch und englischen Rentnern Spanisch beizubringen. Allerdings hat sie selber einen Fulltimejob und kann kein Wort einer Fremdsprache. So musste ich ihr in Versalien aufschreiben, was sie den Engländern zwecks Terminverschiebung am Telefon hätte sagen müssen. Der Job wäre nur für ein bis drei Stunden täglich gewesen, davon hätte ich gerade die Miete zahlen können. Wir vereinbarten, dass ich erst einmal einen Nachmittag zwei Kurse auf Probe unterrichte und sie solle mir den Tag nennen, wenn sie die zwei Kurse hätte. Sie rief mich nochmals an und erklärte, dass sie die Engländer nicht erreichen könne.
März 2007
Gebe Bewerbung im Schuhgeschäft ab, die eine Verkäuferin suchen. Ein Angestellter sieht meinen CV und will mir Telefonnummer eines Freundes geben. Der suche Leute für vigilancia (Überwachung), zwölf Stunden täglich, fünf Tage die Woche für 1000,- Euro. Superjob! Habe aber kein Auto. Vielleicht sollte ich mich mal beim Geheimdienst bewerben.
März 2007
Anruf eines Anwalts aus Guadamar mit Schwerpunkt Hausverwaltung. Sucht Frau mit guten Englisch- und Deutschkenntnissen für schriftliche Übersetzungen und mündliche bei Eigentümerversammlungen. Gespräch dauerte nur 15 Minuten. Job für 33 Stunden die Woche für 740,- Euro monatlich. Für spanische Verhältnisse sehr gut. Müsste privat zusätzlich Unterricht geben, um zum Leben mehr als ein Hartz IV Empfänger zu haben, aber gut. Ich sagte zu. Er will aber noch mehr Bewerberinnen sehen und versprach, mich innerhalb der nächsten zwei Wochen anzurufen. Ich betonte per e-mail zehn Tage später nochmals mein Interesse, aber die zwei Wochen sind um und ich habe nichts gehört.
Bisheriges Resumée: Nach ca. 110 Bewerbungen ist die Einladungsquote relativ hoch. Zeugnisse wollte man hier nicht sehen, nur den Lebenslauf. Das ist bei meinen Zeugnissen natürlich sehr schade, erspart aber eine Menge Portokosten.
Einen Monat gebe ich mir noch. Man darf auch nicht vergessen, dass Deutsche und Engländer sowie alle wohlhabenden Nordeuropäer heimlich gehasst werden. Ganz verständlich, haben sie doch, indem sie jede noch so überteuerte Immobilie kauften, die Preise total versaut. So dass Spanier sich mittlerweile kein Wohneigentum mehr leisten können.
Sollte ich, weil zu alt
(deutsche Personalchefs betitulieren Frauen in meinem Alter ja sehr gern als "abgehangenes Fleisch" - solch despektierliche Kommentare habe ich hier noch nicht vernommen) -
oder zu qualifiziert, hier keine Arbeit mehr bekommen, dann muss ich halt zurück nach Deutschland und Hartz IV beantragen, bevor ich mir in Berlin eine spanische Firma suche, für die ich arbeiten möchte. Will schliesslich meine Spanischkenntnisse nicht verlieren.
Nachtrag: 16.04.07
Danke Deutschland! Das Handy-Video mit den unsäglich rassistischen Äusserungen des "jetze" Bundeswehr..... sorgt auch im spanischen Fernsehen für Aufregung und Unverständnis. Dass aber bis heute der Typ noch nicht suspendiert wurde, noch kein Strafantrag gestellt wurde und von höchster Stelle immer noch keine Entschuldigung für diese unglaubliche Entgleisung öffentlich verkündet, verstärkt das Vorurteil, alle Deutschen seien Rassisten. Unglaublich beschämend!
26.04.07
Gestern Wohnung gekündigt, Spedition beauftragt und Flug nach Berlin gebucht. Habe das unglaubliche Glück, bei alten Kumpels in einer WG in Berlin unterzukommen. Typisch: Alles geregelt und dann kommt der Anruf einer Firma, die meine Daten vom Servef erhalten hat. Vorstellungsgespräch in einem nicht gerade busy anmutenden Immobilienbüro. 600 Euro Festgehalt plus Provision. Möchte den deutschen Arbeitslosen kennenlernen, der trotz Deflation auf dem spanischen Immobilienmarkt, solch ein Angebot annimmt. Und das, wo am Dienstag (24.04.07) der IBEX wegen aufgeblähter Bilanzen einer grossen Immobilienfirma total abgestürzt ist. Die Immobilien-Blase ist geplatzt. Wie aus den spanischen Nachrichten zu vernehmen war, hat Spanien die höchsten Immobilienpreise Europas!!!
Sollten die mich anstellen wollen, werde ich annehmen müssen. So würde sich die Rückkehr nach Berlin lediglich um ein bis zwei Monate verschieben. Denn mindestens ein Objekt pro Monat zu verkaufen in Zeiten der Immo-Deflation, wo alle verkaufen, aber keiner kaufen will, da man darauf setzt, dass die Preise weiter sinken, das wird schwer. Und erinnert mich an meine Zeit als Immobilien-Maklerin bei der Löbco GmbH in Berlin. Nur dass die damals verkauften Eigentumswohnungen echte Schmuckstücke waren. Wie z.B.: 240 qm in der Bartningallee mit Stuck, Parkett und gespachtelten Wänden! Hier hingegen Wände aus Papier und Zimmergrössen, die in Deutschland noch nicht einmal als halbe Zimmer angegeben werden dürften. Am 2. Mai werde ich mehr wissen.
02.05.07
Anruf: die wollen mich haben. Ich sagte, dass 600,- Euro einfach zu wenig seien und schwupps...waren es plötzlich doch 712,- Grundgehalt. Ich erbat mir zwei Stunden Bedenkzeit. Musste ich doch meinen Vermieter erreichen und fragen, ob ich meine Kündigung rückgängig machen kann. Das ging klar. Auch die Spedition zeigte sich sehr verständnisvoll und bleibt auf standby. Air berlin hingegen ist unglaubwürdig geworden, wirbt mit exzellentem Service und Super Preisen. Ha Ha! Mittlerweile gibt es nur noch ein belegtes Brötchen und der one way nach Berlin für 177,- Euro, wahrlich kein Schnäppchen, besticht nicht gerade bei 100% Stornogebühr. Das ist echt eine Frechheit! Bei einem Preis von 29,-/49,-/69,- oder sogar 89,- Euro würde ich das vollkommen einsehen, aber bei 177,- Euro sollte ein gewisser Prozentsatz vier Wochen vor Abflug bei Stornierung zurück überwiesen werden.
Deutsche Arbeitslose werden mich verspotten, ich weiss. Welcher Idiot arbeitet schon für 712,- Euro? Wo man es sich doch mit Hartz IV in Berlin viel gemütlicher hätte machen können. Zumal mir nach Abzug von Miete, Strom und Telefon hier zum Leben weniger bleibt als 250,- Euro. Das ist nicht nur eine Frage der Anständigkeit, sondern auch Mentalitätssache. Herausforderungen halten jung. Rumhängen hingegen, macht alt und hässlich! Obwohl man diese These auch um 180 Grad spiegeln kann. Tut doch eine Schildkröte nicht allzuviel ausser Fressen und Saufen, und wird dennoch steinalt, ohne Antifaltencreme kaufen zu müssen.
16.06.07
Das Konsulat in Alicante, oder vielmehr die nette Angestellte dort, hat mich wohl weiterempfohlen. Jetzt, da ich einen Job habe, erhalte ich Anrufe einer Bank, die mich zu einem Auswahlverfahren einladen wollen. Völlig überrascht, da ich mich dort nie beworben hatte, fragte ich, wie sie denn auf mich gekommen seien? Das Konsulat in Alicante. Ah, Danke. Kann ja auch nur im Eigeninteresse sein, mich hier unterzubringen, statt dass ich dem deutschen Staat auf der Tasche liege. Sehr nett trotzdem. Erstmal habe ich einen Vertrag bis 8. August. Und eine Mischung aus Innen- und Aussendienst hat mir schon immer besser gefallen, als den ganzen Tag im Büro zu hocken. Wäre ich auch nur ein wenig materialistischer, würde ich natürlich sofort einen gut bezahlten Job bei der Bank vorziehen. Denn schöne Immobilien gibt es hier nun wirklich kaum. Glücklicherweise sind die Geschmäcker verschieden und solange sich Nordeuropäer ein Stückchen Sonne kaufen.....
Mehr zum Thema "Auswandern nach Spanien" hier
In Torrevieja und Umgebung erhielt ich innnerhalb von fünf Monaten, trotz mittlerweile noch fortgeschritteneren Alters, mehr Einladungen, als fünf Jahre zuvor in Deutschland, während zwei Jahren mühsamer und kostspieliger Bewerbungsarbeit. Allerdings gestalteten sich die Gespräche wie folgt:
Oktober 2006
In der "agencía de desarollo local" hing ein interessantes Jobangebot in Torrevieja, also ökologisch und bequem per Fahrrad erreichbar. Das Tanatorio suchte recepcionista mit Englisch-Kenntnissen. Beim vereinbarten Termin zum Vorstellungsgespräch liess der Chef sich entschuldigen und ich sollte meine Bewerbungsmappe seinem Stellvertreter übergeben. Sie würden sich bei mir melden. Fünf Tage später schaute ich wieder dort vorbei und die Stelle war bereits durch eine Spanierin besetzt worden. Schade! Wäre eine Arbeit gewesen, wo man sein Einfühlungsvermögen sinnvoller hätte einsetzen können, als für den Verkauf von hässlichen und völlig überteuerten Immobilien.
November 2006
Einladung zum Vorstellungsgespräch bei einem Bauunternehmer mit Maklerbüro um 17:00 Uhr. Sowieso und als Deutsche erst recht, war ich pünktlich. Mit mir warteten zwei weitere Menschen im arbeitsfähigen Alter im Foyer. Die Sekretärin sagte mir, dass der Chef noch nicht da sei und ich noch für ca. 30 Minuten spazieren gehen solle. Nach einer halben Stunde war der Chef immer noch nicht erschienen und es warteten fünf Bewerber/innen. Eine Dame mit stark russischem Akzent sah aus, als wenn sie gerade aus einer Diskothek kam, eine andere, als wenn sie gleich in Gorleben marschieren wollte. Die drei Männer schienen Techniker zu sein. Die Sekretärin klönte ungerührt mit ihrer anwesenden Freundin. Nach ca. 20 Minuten ein Telefonanruf. Danach erhielten wir die Nachricht, dass der Chef um 18:45 Uhr erscheinen werde. Nach und nach leerte sich das Foyer und ich sass mit zwei ebenso geduldigen Männern, weiterhin der anmassenden Situation grübelnd, im Empfang eines 30 Jahre ansässigen Bauunternehmers. Um 18:55 Uhr ging auch ich als Vorvorletzte. Kein Wunder, dass die jede Woche inserieren. Dass allerding im Jahre 2004 ein Bauunternehmer in Torrevieja tagsüber auf offener Strasse erschossen wurde, hat sicher ganz andere Gründe.
Dezember 2006
Anruf eines (s)panischen Anwalts- und Steuerbüro. Ich solle neue deutsche und englische Kunden fischen. Auf die Frage, wie er sich das vorstelle, kam nur: "¿Wieso? Sie schreiben doch in ihrem CV, dass sie creativ seien! Lassen sie sich was einfallen." Nachfrage, ob es ein Budget gebe oder ob ich in Kneipen Engländer, Skandinavier und Deutsche ansprechen solle oder ob auch Anzeigengestaltung und -schaltung vorgesehen sei...."Geld kosten soll das nicht". Que broma pesada! Immerhin war die anschliessende Diskussion gut. Mein Spanisch ist komischerweise immer besonders flüssig und grammatikalisch einwandfrei, wenn ich mich aufrege oder ärgere. Von Vertrag oder alta en la SS war keine Rede mehr.
Januar 2007
Anruf eines Immobilien Maklers auf meine Anzeige im Torreguia. Nächste Woche käme der Chef aus Madrid und er würde mich dann zwecks Vorstellungstermin wieder anrufen. Bis heute habe ich nichts mehr gehört.
Januar 2007
Wow! Das Deutsche Honorarkonsulat in Alicante bekommt für zwei Monate einen hauptberuflichen Konsularbeamten! Wo ich doch schon seit August 2006 vergeblich versuche, da mal jemanden ans Telefon zu bekommen! Da bewerbe ich mich doch gleich als Telefonistin. In der Zeitung stand, dass Ende Februar beim Auswärtigen Amt in Berlin entschieden werde, ob er in Alicante bleibt. Alicante! Balsam für meine durch hässliche Neubauten gefolterten Augen! Alicante, mit wunderschönem Altstadtkern und vor allem: mit Spaniern!
Die Idee, so schien mir, kam auch beim sympathischen Konsul an. Ganz nach deutscher Gründlichkeit hinterliess ich vollständige Bewerbungsmappe mit Zeugniskopien und Arbeitsproben. Am 1. März wusste er allerdings immer noch nicht, ob er bleiben kann, oder nicht. Auch am 22. März konnte man mir dort immer noch nicht sagen, wie es weitergehen wird. Mittlerweile war der Konsul schon wieder in Deutschland. Bis heute konnte ich weder der Zeitung noch der Website des AA entnehmen, ob Alicante nun weiter verwaist als Honorarkonsulat vor sich hin dümpelt, besetzt wird oder gar ganz aufgegeben.
Februar 2007
E-Mail einer Spanierin, die im Nachbarort eine Sprachschule aufgemacht hat. Sie braucht mich, um spanischen Schülern Englisch und englischen Rentnern Spanisch beizubringen. Allerdings hat sie selber einen Fulltimejob und kann kein Wort einer Fremdsprache. So musste ich ihr in Versalien aufschreiben, was sie den Engländern zwecks Terminverschiebung am Telefon hätte sagen müssen. Der Job wäre nur für ein bis drei Stunden täglich gewesen, davon hätte ich gerade die Miete zahlen können. Wir vereinbarten, dass ich erst einmal einen Nachmittag zwei Kurse auf Probe unterrichte und sie solle mir den Tag nennen, wenn sie die zwei Kurse hätte. Sie rief mich nochmals an und erklärte, dass sie die Engländer nicht erreichen könne.
März 2007
Gebe Bewerbung im Schuhgeschäft ab, die eine Verkäuferin suchen. Ein Angestellter sieht meinen CV und will mir Telefonnummer eines Freundes geben. Der suche Leute für vigilancia (Überwachung), zwölf Stunden täglich, fünf Tage die Woche für 1000,- Euro. Superjob! Habe aber kein Auto. Vielleicht sollte ich mich mal beim Geheimdienst bewerben.
März 2007
Anruf eines Anwalts aus Guadamar mit Schwerpunkt Hausverwaltung. Sucht Frau mit guten Englisch- und Deutschkenntnissen für schriftliche Übersetzungen und mündliche bei Eigentümerversammlungen. Gespräch dauerte nur 15 Minuten. Job für 33 Stunden die Woche für 740,- Euro monatlich. Für spanische Verhältnisse sehr gut. Müsste privat zusätzlich Unterricht geben, um zum Leben mehr als ein Hartz IV Empfänger zu haben, aber gut. Ich sagte zu. Er will aber noch mehr Bewerberinnen sehen und versprach, mich innerhalb der nächsten zwei Wochen anzurufen. Ich betonte per e-mail zehn Tage später nochmals mein Interesse, aber die zwei Wochen sind um und ich habe nichts gehört.
Bisheriges Resumée: Nach ca. 110 Bewerbungen ist die Einladungsquote relativ hoch. Zeugnisse wollte man hier nicht sehen, nur den Lebenslauf. Das ist bei meinen Zeugnissen natürlich sehr schade, erspart aber eine Menge Portokosten.
Einen Monat gebe ich mir noch. Man darf auch nicht vergessen, dass Deutsche und Engländer sowie alle wohlhabenden Nordeuropäer heimlich gehasst werden. Ganz verständlich, haben sie doch, indem sie jede noch so überteuerte Immobilie kauften, die Preise total versaut. So dass Spanier sich mittlerweile kein Wohneigentum mehr leisten können.
Sollte ich, weil zu alt
(deutsche Personalchefs betitulieren Frauen in meinem Alter ja sehr gern als "abgehangenes Fleisch" - solch despektierliche Kommentare habe ich hier noch nicht vernommen) -
oder zu qualifiziert, hier keine Arbeit mehr bekommen, dann muss ich halt zurück nach Deutschland und Hartz IV beantragen, bevor ich mir in Berlin eine spanische Firma suche, für die ich arbeiten möchte. Will schliesslich meine Spanischkenntnisse nicht verlieren.
Nachtrag: 16.04.07
Danke Deutschland! Das Handy-Video mit den unsäglich rassistischen Äusserungen des "jetze" Bundeswehr..... sorgt auch im spanischen Fernsehen für Aufregung und Unverständnis. Dass aber bis heute der Typ noch nicht suspendiert wurde, noch kein Strafantrag gestellt wurde und von höchster Stelle immer noch keine Entschuldigung für diese unglaubliche Entgleisung öffentlich verkündet, verstärkt das Vorurteil, alle Deutschen seien Rassisten. Unglaublich beschämend!
26.04.07
Gestern Wohnung gekündigt, Spedition beauftragt und Flug nach Berlin gebucht. Habe das unglaubliche Glück, bei alten Kumpels in einer WG in Berlin unterzukommen. Typisch: Alles geregelt und dann kommt der Anruf einer Firma, die meine Daten vom Servef erhalten hat. Vorstellungsgespräch in einem nicht gerade busy anmutenden Immobilienbüro. 600 Euro Festgehalt plus Provision. Möchte den deutschen Arbeitslosen kennenlernen, der trotz Deflation auf dem spanischen Immobilienmarkt, solch ein Angebot annimmt. Und das, wo am Dienstag (24.04.07) der IBEX wegen aufgeblähter Bilanzen einer grossen Immobilienfirma total abgestürzt ist. Die Immobilien-Blase ist geplatzt. Wie aus den spanischen Nachrichten zu vernehmen war, hat Spanien die höchsten Immobilienpreise Europas!!!
Sollten die mich anstellen wollen, werde ich annehmen müssen. So würde sich die Rückkehr nach Berlin lediglich um ein bis zwei Monate verschieben. Denn mindestens ein Objekt pro Monat zu verkaufen in Zeiten der Immo-Deflation, wo alle verkaufen, aber keiner kaufen will, da man darauf setzt, dass die Preise weiter sinken, das wird schwer. Und erinnert mich an meine Zeit als Immobilien-Maklerin bei der Löbco GmbH in Berlin. Nur dass die damals verkauften Eigentumswohnungen echte Schmuckstücke waren. Wie z.B.: 240 qm in der Bartningallee mit Stuck, Parkett und gespachtelten Wänden! Hier hingegen Wände aus Papier und Zimmergrössen, die in Deutschland noch nicht einmal als halbe Zimmer angegeben werden dürften. Am 2. Mai werde ich mehr wissen.
02.05.07
Anruf: die wollen mich haben. Ich sagte, dass 600,- Euro einfach zu wenig seien und schwupps...waren es plötzlich doch 712,- Grundgehalt. Ich erbat mir zwei Stunden Bedenkzeit. Musste ich doch meinen Vermieter erreichen und fragen, ob ich meine Kündigung rückgängig machen kann. Das ging klar. Auch die Spedition zeigte sich sehr verständnisvoll und bleibt auf standby. Air berlin hingegen ist unglaubwürdig geworden, wirbt mit exzellentem Service und Super Preisen. Ha Ha! Mittlerweile gibt es nur noch ein belegtes Brötchen und der one way nach Berlin für 177,- Euro, wahrlich kein Schnäppchen, besticht nicht gerade bei 100% Stornogebühr. Das ist echt eine Frechheit! Bei einem Preis von 29,-/49,-/69,- oder sogar 89,- Euro würde ich das vollkommen einsehen, aber bei 177,- Euro sollte ein gewisser Prozentsatz vier Wochen vor Abflug bei Stornierung zurück überwiesen werden.
Deutsche Arbeitslose werden mich verspotten, ich weiss. Welcher Idiot arbeitet schon für 712,- Euro? Wo man es sich doch mit Hartz IV in Berlin viel gemütlicher hätte machen können. Zumal mir nach Abzug von Miete, Strom und Telefon hier zum Leben weniger bleibt als 250,- Euro. Das ist nicht nur eine Frage der Anständigkeit, sondern auch Mentalitätssache. Herausforderungen halten jung. Rumhängen hingegen, macht alt und hässlich! Obwohl man diese These auch um 180 Grad spiegeln kann. Tut doch eine Schildkröte nicht allzuviel ausser Fressen und Saufen, und wird dennoch steinalt, ohne Antifaltencreme kaufen zu müssen.
16.06.07
Das Konsulat in Alicante, oder vielmehr die nette Angestellte dort, hat mich wohl weiterempfohlen. Jetzt, da ich einen Job habe, erhalte ich Anrufe einer Bank, die mich zu einem Auswahlverfahren einladen wollen. Völlig überrascht, da ich mich dort nie beworben hatte, fragte ich, wie sie denn auf mich gekommen seien? Das Konsulat in Alicante. Ah, Danke. Kann ja auch nur im Eigeninteresse sein, mich hier unterzubringen, statt dass ich dem deutschen Staat auf der Tasche liege. Sehr nett trotzdem. Erstmal habe ich einen Vertrag bis 8. August. Und eine Mischung aus Innen- und Aussendienst hat mir schon immer besser gefallen, als den ganzen Tag im Büro zu hocken. Wäre ich auch nur ein wenig materialistischer, würde ich natürlich sofort einen gut bezahlten Job bei der Bank vorziehen. Denn schöne Immobilien gibt es hier nun wirklich kaum. Glücklicherweise sind die Geschmäcker verschieden und solange sich Nordeuropäer ein Stückchen Sonne kaufen.....
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